20120204 PNP-Bericht: Agrarexperte warnt vor Antibiotika bei Geflügel

"Das Tier ist ein Mitgeschöpf und kein Produkt." Gegen die unwürdigen Bedingungen in Massenställen, für artgerechte Tierhaltung und besseren Verbraucherschutz hat MdB Friedrich Ostendorff, agrarpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, auf einem Diskussionsabend des Grünen-Kreisverbands Passau-Stadt plädiert.

 Der jüngste Antibiotika-Skandal zeige, wie es in Wahrheit in den riesigen, für 39 999 Tiere ausgelegten Hühnerställen aussieht, sagte Ostendorff, Vize-Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und Biobauer in Nordrheinwestfalen. Hier vegetierten bis zu 24 Hühnchen auf einem Quadratmeter. Kurz vor der Schlachtung am 32. Tag würden 39 Kilogramm Fleisch auf einem Quadratmeter stehen. Dies sei legal. Die Tiere lebten ohne Tageslicht, mit wenig Bewegungsfreiheit und erhielten Futter aus Regenwaldländern.

 Die Hühnchen würden dieses Leben nur aushalten, weil sie "permanent mit Antibiotika verseucht werden", sagte Ostendorff. Dabei verbiete die EU seit dem Jahr 2006, Antibiotika prophylaktisch als Futterzusatzstoffe zur Leistungssteigerung einzusetzen. Nur kranke Tiere dürften mit Antibiotika behandelt werden. Geflügelmastbetriebe würden somit regelmäßig gegen das Gesetz verstoßen. Er rief Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) auf, Maßnahmen gegen den "Treibstoff der Massenproduktion" zu ergreifen.

  Einer bundesweiten Studie des nordrhein-westfälischen Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz zufolge erhalten 96 Prozent der Hähnchen Antibiotika als Dopingmittel. Eine Untersuchung in Niedersachsen spreche von 82 Prozent, sagte Ostendorff.

  Ostendorff forderte eine strengere Kontrolle der 200 Tierarztpraxen für Hühner- und Putenmastbetriebe in Deutschland. Trotz des EU-Verbots würden hierzulande 784 Tonnen Antibiotika verbraucht, 90 Prozent davon in der Tiermast. Kein Wunder, wenn gemäß den Testkäufen der Umweltorganisation BUND Geflügelfleisch aus dem Supermarkt mit multiresistenten MRSA-Keimen verseucht ist, die auch Krankenhäusern Probleme bereiten.

 Der Grünen-Politiker trat für eine höhere Mindestmastdauer ein. Statt 32 Tagen sollten die Tiere bis zu 80 Tage Zeit zum Wachsen haben. Er plädierte zudem für eine Öffnung der Ställe. Auch Geflügel solle im Sommer auf die Weide. Er sprach sich zudem für eine klare Kennzeichnung von Fleisch aus Massentierhaltung aus. Auch die Verbraucher müssten ihr Verhalten ändern und über ihren Fleischkonsum nachdenken. Hühnchen zu 1,98 Euro könnten nur aus unwürdigen Verhältnissen stammen.

 Stadtrat Karl Synek griff Bauernpräsident Gerd Sonnleitner an, der die Massentierhaltung mit der Aussage verteidigt habe, Hühner seien gesellige Tiere. Sepp Brunnbauer, Vorsitzender des Biokreises Ostbayern, wandte sich gegen das Kontrolldefizit bei Veterinären, die Antibiotika prophylaktisch anwenden. Stadträtin Erika Träger wünschte, die Ernährungskompetenz zu stärken und dabei schon in Schulen anzusetzen. Karl Haberzettl, BN-Kreisvorsitzender, warb für flächengebundene Tierhaltung.

Stadtrat Stephan Bauer schlug vor, ähnlich wie bei Eiern aus Käfighaltung auch Fleisch aus Massentierhaltung im Regal liegen zu lassen.



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