"Ein bisserl Grün schadet nicht": HaJü gründet 1. Ortsverband in FRG

07.08.19 –

HaJü Hödl zieht nach Perlesreut – und gründet dort den ersten Grünen-Ortsverband im Landkreis

Von Jennifer Jahns

Perlesreut. "All eyes on us" steht als Tattoo auf der Brust von HaJü Hödl. Und tatsächlich sind einige Augen auf ihn gerichtet, wenn er mit seinen beiden Hunden im Arm, die Beine bunt tätowiert und die Haare in wechselnden Farben über den Perlesreuter Marktplatz geht. Der 37-Jährige zieht gerade in die Marktgemeinde. Und dort hat er viel vor: Hödl möchte den ersten Grünen-Ortsverband im Landkreis Freyung-Grafenau gründen. Warum? Da muss Hödl im PNP-Gespräch ein bisschen ausholen. "Den Ausschlag haben die Ergebnisse der Bundestagswahl vor zwei Jahren gegeben. Der starke Rechtsruck, außerdem die Tatsache, dass ökologisch nichts vorangeht - da dachte ich mir, es wäre an der Zeit, selbst politisch aktiv zu werden." Der Noch-Passauer trat daraufhin dem Kreisverband der Passauer Grünen bei. Zwei Gründe haben ihn dann aber mehr und mehr aufs Land verschlagen: Seit sieben Jahren ist Hödl Kino-Leiter in Freyung, dadurch wurde der Weg quasi geebnet. Und sein Lebenspartner Alexander Fürst stammt aus Perlesreut. Gemeinsam haben sie vor einiger Zeit beschlossen, zurück in Alexanders Heimatort zu ziehen. Derzeit erfolgt der Umzug von Passau in die Marktmitte von Perlesreut.

Hödl: Zu wenige Frauen und Junge in der Politik

Der Ort habe ihm sofort gefallen, sagt Hödl. "Es ist eine sehr süße Gemeinde, mit tollem gastronomischen Angebot und einer guten Lage mittig im Landkreis." Aber es fehle eben auch an manchen Punkten: "Wie in fast allen Gemeinden wurde der soziale Wohnungsbau verschlafen. Wenn man wachsen will, braucht man aber Wohnraum - für alle finanziellen Schichten." Und ganz allgemein aber auch speziell für Perlesreut meint er: "Sowohl was den Marktplatz aber auch politische Entscheidungen betrifft: Ein bisserl Grün würde oft nicht schaden." So findet er, dass in der Marktmitte deutlich zu wenig Bäume oder Grünflächen zu finden sind - "gerade an heißen Tagen würde das das Klima im Ort angenehmer machen, nachweislich die Temperatur leicht senken". Dass er nun direkt einen Grünen-Ortsverband gründet, war eher den Umständen geschuldet: "Als ich durch den Umzug nach Perlesreut auch den Kreisverband wechseln musste, hab' ich festgestellt, dass es ja nicht mal einen Ortsverband gibt." Da stand der Entschluss für die Gründung recht schnell fest. Die entsprechende Versammlung soll Anfang September stattfinden (siehe unten). Einige Interessierte konnte Hödl bereits für den neuen Ortsverband gewinnen, weitere sollen gerne noch folgen.

Wegzug wegen Mobbings: "Das darf nicht passieren"

Und: "Ich finde es schade, dass im Landkreis so wenige Frauen und junge Leute politisch engagiert sind", sagt der 37-Jährige. "Die meisten Gremien sind sehr männerlastig und vom Altersschnitt recht hoch. Dabei sollten die Stadt- oder Gemeinderäte ja die Bevölkerung abbilden - dementsprechend müssten eigentlich 50 Prozent der Räte Frauen sein." Diese Quote würde er gerne für seinen Ortsverband sehen. Und er hofft auf mehr junge Leute in der Politik: "Man sollte den Jungen mehr zutrauen und zuhören." So könnte er sich für Perlesreut alternative, weltoffene Festivals vorstellen, bei denen sich junge Bands präsentieren können - dies widerspreche sich keinesfalls mit der Tradition, die ebenso wichtig sei, sagt Hödl. Weitere Ziele, die der 37-Jährige gerne in Perlesreut umsetzen möchte: Den Plastikverbrauch reduzieren, einen Wochenmarkt mit regionalen Anbietern initiieren, das Wir- Gefühl stärken, den ÖPNV verbessern ("der ist aktuell eine mittelschwere Katastrophe") und jeden nach seiner Façon glücklich werden lassen. "Leben und leben lassen" - das ist Hödl wichtig. So finde er es nicht richtig, dass sich die aktuelle Politik in der Region nicht zu Minderheiten äußert. "Ich weiß von vielen Homosexuellen, die vom Land in die Stadt gezogen sind, weil sie in ihrem Dorf gemobbt wurden." Gerade in Zeiten von Landflucht, in denen man junge Leute halten möchte, dürfe so etwas nicht passieren. Und wie geht er persönlich damit um? Als bunter Hund - dazu noch zwei Hunde an der Leine oder auf dem Arm - fällt Hödl erstmal auf in Perlesreut. "Aussehen oder Sexualität haben nichts mit Politik zu tun. Da sollte es nur um Inhalte gehen." Und um Opposition. Um solch eine gehe es ihm nämlich auch. "Zusammenarbeit ist wichtig. Aber es braucht auch eine gesunde Opposition. Im echten Leben ist man ja auch nicht immer einer Meinung. Ohne Opposition ist das politische Leben doch langweilig."

Grüne Forderungen ja - aber mit Bodenhaftung

Auch wenn Hödl grüne Themen nach vorne bringen möchte − er wisse auch, dass man bei manchen Forderungen nicht realitätsfern werden darf: "Natürlich fände ich es gut, wenn man aufs Auto verzichten könnte. Aber aktuell ist der ÖPNV eben noch nicht so weit. Was würde es da bringen, zu rufen: ,Schafft alle Autos ab!'?" Vielmehr hoffe er auf einen Regel- verkehr der Ilztalbahn, "damit wäre ein wichtiger Schritt ge- tan". Hödl hofft, dass der Perlesreuter Ortsverband nur ein Anfang ist: "Vielleicht lassen sich ja noch andere Orte von dem frischen Wind anstecken." In Perlesreut wolle man jedenfalls nach der Gründung monatliche Stammtischrunden abhalten, an denen über grüne Themen gesprochen wird - "und zu denen jeder kommen und mitreden kann". Sein Ziel: "Ehrliche Politik, die nah am Bürger ist." Aber das will doch jeder...? "Stimmt. Aber wir meinen's ernst", sagt Hödl. "Wir tun uns leicht: Wir sind ganz neu, stecken noch nicht drin in der örtlichen Politik - und können dementsprechend unbequeme Fragen stellen." Er macht sich nichts vor: "Als Grüner am Land musst du sowieso davon ausgehen, dass du viel Gegenwind bekommst. Aber jeder kann mit uns das Gespräch suchen; um eventuell mit ein paar Klischees aufzuräumen - oder um sie bestätigt zu sehen."

Und die Wahlen...?

Die Zeit ist fast ein bisschen knapp - und trotzdem: Will Hödl mit den örtlichen Grünen bereits im kommenden Jahr bei den Kommunalwahlen aktiv werden? "Ja", sagt er ganz klar. "Wir werden in Perlesreut mit einer Liste antreten." Eine Bürgermeisterwahl steht dann ja nicht an: Gerhard Poschinger wurde erst im Januar außertourlich gewählt - deshalb könne und wolle Hödl zu dessen Politik noch gar nichts sagen. Der 14-köpfige Gemeinderat wird jedoch neu gewählt. Hödl ist zuversichtlich: "Wir hoffen auf einen Platz im Ge- meinderat. Aber wenn's 14 werden, sind wir auch nicht böse..."

GRÜNDUNGSTERMIN

Am 5. September um 19 Uhr findet die Gründungsversammlung des Perlesreuter Grünen-Ortsverbands im örtlichen Gasthaus Hafner statt. Alle Interessierten sind dazu eingeladen. HaJü Hödl, der neben einer Frau Sprecher des neuen Ortsverbands werden wird, bittet zur besseren Planung vorab um kurze Info per Mail unterhj.hoedl(at)live.de

Quelle: Passauer Neue Presse vom 07.08.2019

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