Energie in Bürgerhand – so kann’s funktionieren

Genossenschaftsvorsitzender stellt Projekte vor – Auch in Waldkirchen gibt es Bestrebungen

24.09.22 –

Von Otto Draxinger
Waldkirchen.

Immer deutlicher würde in den letzten Monaten die Notwendigkeit, die Abhängigkeit von Energieimporten schnellstmöglich zu überwinden und eigene Lösungen zu realisieren, so Andrea Parzefall als Sprecherin des Grünen-Ortsverbandes Waldkirchen. Der Umbau von fossilen auf regenerative Energieformen werde aber nur gelingen, wenn die Bevölkerung dabei mitgenommen werden könne. Die Energiewende selbst in die Hand nehmen, das ist die Idee von Bürgerenergiegenossenschaften.
Damit bringen Bürgerinnen und Bürger die erneuerbaren Energien voran und leisten einen wichtigen Beitrag für den Klimaschutz.
„Energie in Bürgerhand – Energiewende von unten“ war das Thema, zu dem der Grünen-Ortsverband die Bevölkerung zu einer gut besuchten abendlichen Informationsveranstaltung ins Haus der Natur, Kunst, Kultur und Jugend einlud und zu der als „regionaler“ Referent Hans Madl-Deinhart gewonnen werden konnte. Als Vorstandsvorsitzender einer vor gut zehn Jahren gegründeten lokalen Energiegenossenschaft gilt er als profunder Kenner der Materie.
Am Beispiel dieser „Bürgerenergie FRG eG“ gelang es Hans Madl-Deinhart in seinem übersichtlichen Vortrag, anschaulich und praxisnah die wesentlichen Merkmale eines genossenschaftlichen Ansatzes aufzuzeigen. In mehreren Beispielen der Vergangenheit belegte dabei der Referent die Grenzen unseres Wachstums und die Notwendigkeit des Umbaus unserer Energiegewinnung. Bereits in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde der Energie- und Ressourcenverbrauch infrage gestellt, die Energiekrise in den 70er Jahren – mit
autofreien Sonntagen – habe uns die Abhängigkeit von Erdöl deutlich vor Augen geführt, das Waldsterben in den 80er Jahren führte zu Demonstrationen, zur Nachrüstung mit Abgasfiltern und zur Einführung bleifreien Benzins und der Atomunfall von Tschernobyl 1986 mit geschätzt 1,4 Millionen Toten verdeutlichte die Gefahren der friedlichen Atomnutzung. Hitzerekorde schließlich führten zu vermehrten Klimadiskussionen und die Weltfinanzkrise erhöhte schlagartig und drastisch Rohstoff- und Energiepreise.
Die EEG-Einführung bot ab Anfang April 2000 erstmals einer breiten Bevölkerung mit der Stromeinspeisung die Möglichkeit der Bürgerbeteiligung mit entsprechenden Gewinnaussichten. Mit der deutlichen Zurücknahme der Einspeisevergütung ab 2012 verringerte sich jedoch das Bürgerengagement zunächst zunehmend. Die neuerliche gravierende Energieabhängigkeit und dringende Notwendigkeiten der Klimakrise zwingen nun wieder zum schnellen Umdenken.
Nicht jeder habe allerdings die Möglichkeit, erneuerbare Energie selbst zu produzieren, doch die Bereitschaft, eigenes Kapital für eine sinnvolle Sache in der Region einzusetzen, sei sehr groß, so Hans Madl-Deinhart, wobei die Rendite gar nicht die entscheidende Rolle spiele.
Die genossenschaftliche Organisationsform als Zusammenschluss von mindestens drei Mitgliedern als gemeinsame unternehmerische Beteiligung, auf dem Prinzip der Selbsthilfe,
Selbstverantwortung und Selbstverwaltung basierend, eigne sich als Möglichkeit der Energiegewinnung in Bürgerhand besonders.
Als Vorteile stellte der Referent insbesondere den demokratischen Ansatz mit gleichmäßiger Stimmberechtigung, eine offene Mitgliederzahl, die auf den Geschäftsanteil beschränkte Haftung, die hohe Stabilität in Folge vorgeschriebener Prüfung durch einen Prüfungsverband oder die primäre Vorgabe der Nutzenmaximierung für die Mitglieder heraus.
Ausführungen über den genossenschaftlichen Aufbau, Aufgabe und Funktion der Organe sowie des Aufsichtsrats gewährten beispielhaft weitere Einblicke in das lokale bürgerschaftliche Unternehmen.
166 Mitglieder mit rund 770 000 Euro und zwei Projekte habe die „Bürgerenergie FRG eG“ derzeit, die auf breite Zustimmung und auf großes Interesse der Bevölkerung zählen könne. „Mitgliederzahl und Einlagensumme beweisen großes Vertrauen in unsere Genossenschaft“, so der Vorstandsvorsitzende. „Genossenschaften sind der Lösungsansatz für dezentrale Energieversorgung, Bürgerbeteiligung und Schaffung von Akzeptanz.“
Das überaus große Interesse an bürgerschaftlichen Lösungen zur Energiewende zeigte sich im Anschluss an den Vortrag auch an einer Vielzahl von konstruktiven Diskussionsbeiträgen, die sich mit dem gesamten Spektrum sowie mit vielfältigen Lösungsansätzen zur erforderlichen Energietransformation befassten.

Quelle: Passauer Neue Presse vom 21.09.2022

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