Ehrung bei Feierstunde im Rathaus in Prachatitz übergeben: Ein Kurs, der mehr als „nur“ die Sprache lehrt

Mauth. Der „Preis der Hoffnung und Völkerverständigung“ des Jahres 2013 wurde einem Sprachkurs aus der Gemeinde Mauth verliehen - und hierbei handelt es sich in der Tat um einen ganz besonderen Sprachkurs. Denn anders als üblich lernt hier nicht nur eine Gruppe eine Sprache, also z.B. Bayern tschechisch, sondern es lernen im selben Kurs Tschechen Deutsch und Deutsche Tschechisch. Und selbst dabei bleibt es nicht, denn dieser Kurs läuft seit September 2008 in immer weiteren Fortsetzungen und geht mit seinen Aktivitäten über das Erlernen der Sprache des Nachbarn hinaus. Er lebt also Verständigung ganz praktisch und auf unterschiedlichsten Sektoren.
Geleitet wird der Kurs von Renata Reischl, gebürtig aus Budweis und seit ihrer Heirat in Bayern lebend. Sie beherrscht ihr Metier so gut, dass sie die ungewöhnliche Besetzung des Kurses in Mauth als Herausforderung auch an Methodik und Didaktik versteht und immer weitere, neue und interessante Aufgaben für die Kursteilnehmer/innen findet.

Den Preis gibt
es bereits seit 1995

Dieses Vorgehen würdigte jetzt der Kreisverband der Grünen in Freyung mit der Verleihung eines Preises, der seit 1995 alle zwei Jahre für herausragende Leistungen in ökologischer, sozialer oder kultureller Art vergeben wird. Heuer fand die Preisverleihung im alten Rathaus in Prachatitz/Böhmen statt, organisiert wurde sie von Vladimir Spatny vom dortigen Kreisverband der Grünen, für die deutsche Seite war Hans Madl-Deinhard Organisator. Beide sprachen in ihren Begrüßungen von den mittlerweile unterschiedlichen Auffassungen in Tschechien und Bayern zu den Nationalparks und der ebenfalls nicht einheitlichen Energiepolitik, festzumachen am Festhalten der Tschechen am Atomreaktor Temelin. Auch der Lückenschluss im öffentlichen Personen-Nahverkehr von Haidmühle nach Nove Udoli wurde angesprochen. Irgendwann, so ist ihre Hoffnung, wird es nicht mehr notwendig sein, einen derartigen Preis der „Hoffnung und Verständigung“ zu verleihen, „dann werden wir nämlich in einem gemeinsamen Europa angekommen sein“.
Simultan übersetzt wurden ihre Ausführungen von Egon Urmann aus Lenora, der aus einer deutschen Familie stammend nach dem Krieg in Tschechien aufwuchs und so ein Beispiel für deutsch-tschechische Gemeinsamkeiten gibt. Der Bürgermeister von Prachatitz, Martin Malý, verwies auf die Städtpartnerschaften seiner Gemeinde und versprach, auch zukünftig grenzüberschreitende Aktivitäten tatkräftig zu unterstützen.
Renate Cerny, die den Landkreis Freyung-Grafenau repräsentierte, betonte, dass nach der Grenzöffnung mittlerweile die Verträge geschlossen seien, das „Haus Europa“ aber von den Menschen gebaut werden müsse. Kunst, Kultur, Bildung und Natur seien die besten Bausteine dafür. Den Preisstiftern dankte sie für das Bemühen, herausragende Leistungen auf diesem Weg zu würdigen, den Preisträgern - neben dem Sprachkurs in Mauth war es Frau Professor Vlasta Kroupová aus Prachatice - gratulierte sie.
Mauths stv. Bürgermeisterin Irene Hilz sprach von der Gemeindepartnerschaft zwischen Kvilda - vertreten durch die stv. Bürgermeisterin Zdenka Ritterova, die selbst ebenfalls an dem Sprachkurs teilnimmt - und ihrer Gemeinde. Sie verwies auf die bereitwillig gewährte Unterstützung des Sprachkurses, finanziell wie organisatorisch. Ebenfalls berichtete sie, dass im Rahmen der Patenschaften der Gemeinden die Grenzschranke am Übergang Finsterau/Buchwald bereits 2008 gemeinsam entfernt wurde und äußerte den Wunsch, dass zukünftig noch viele „geistige Grenzschranken“ abgebaut werden. Einen wichtigen Beitrag dazu leiste der Sprachkurs in seiner so durchgeführten besonderen Form. Nach dieser „Begrüßungsrunde“ lockerte eine Art amerikanischer „Square-Dance“, aufgeführt von Senioren aus Prachatitz, die Preisverleihung auf.
In Anwesenheit zahlreicher bisheriger Preisträger trug dann Alois Seidl für den Preisträger „Sprachkurs in Mauth“ die Laudatio vor. Seidl, bestens bekannt als ehemaliger hauptamtlicher Geschäftsführer der KEB im Landkreis Freyung-Grafenau, war selbst 1995 erster Preisträger. Besonders war, dass Alois Seidl seine Laudatio in fließendem Tschechisch vortrug, eine junge Dame aus Tschechien übernahm den Part auf Deutsch.
Seidl, der wie er bekannte, erst nach der „Samtenen Revolution“ erstmals nach Böhmen kam, erkannte rasch, dass Basis der Verständigung zwischen Deutschen und Tschechen die Kenntnis der Sprache des jeweiligen Nachbarn sei. Mittlerweile kann er im Rahmen der KEB auf die Organisation von mittlerweile 330 Tschechisch Kursen mit über 3200 Teilnehmern verweisen. Auf Dauer, so sagte er, sei es verhängnisvoll, wenn man nur übereinander rede. Die Sprache des anderen zu verstehen, bedeute einen Zugang zum Herzen des anderen zu haben.
Und dies gelang in besonderem Maß bei dem so speziellen Sprachkurs in Mauth, bei dem die Sprache des jeweils anderen zu erlernen auch bedeutet, gemeinsame Aktivitäten über die Grenze hinaus zu entwickeln. Das war so bei einem gemeinsamen Kochkurs mit gemischten Besetzungen und dem Einüben der dazu notwendigen Begriffe, gemeinsamem Singen, der Teilnahme an einem Begegnungsabend im Freilichtmuseum Finsterau und gemeinsamem Silvester-Treffen an der Grenze in Finsterau zu Buchwald/Bucina.

Zweite Preisträgerin ökologisch aktiv

Nach der vorgenommenen Preisverleihung wurde auch die zweite Trägerin des Preises gewürdigt. Frau Prof. Vlasta Kroupová hat besondere Verdienste auf ökologischem Gebiet erworben. Sie ist noch in einer deutsch-tschechischen Familie in Prachatitz aufgewachsen und hat an der naturwissenschaftlichen Fakultät der Karlsuniversität in Prag und der landwirtschaftlichen Fakultät in Budweis akademische Grade erworben, auch war sie an Forschungsprojekten für schonende Landwirtschaft im Böhmerwald beteiligt.
Eine Präsentation des ehemaligen Nationalparkleiters Alois Pavlicko mit Fotos aus dem Park Sumava und ein ausgesprochen liebevoll dargebotenes Buffet rundeten diesen besonderen Tag für die Preisträger und ihre Gäste in Prachatitz ab. - hjk

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