Bürgermeister Heinz

06.06.20 –

Erst wenige Wochen im Amt und schon im Dienst: Heinz Lang ist aktuell Freyungs Bürgermeister

Von Jennifer Jahns
Freyung. Eine Krawatte mit Büchern drauf. Turnschuhe, Jeans. Per Du mit allen Mitarbeitern im Rathaus. Den ersten Millionen-Auftrag direkt am ersten Arbeitstag unterzeichnet. Ein Interview mit Heinz Lang (69), stellvertretender Freyunger Bürgermeister, der derzeit den urlaubenden Dr. Olaf Heinrich vertritt.

PNP: Herr Lang, ein ungewohntes Bild: Sie tragen Krawatte?
Lang: Stimmt. Ich wollte das heute: Aus Respekt vor dem Amt.

Da sind Bücher drauf. Wieso haben Sie diese Krawatte gewählt?
Ich besitze nur zwei. Eine schwarze und die mit den Büchern. Heute ist kein trauriger Anlass – also keine schwarze Krawatte. Heute ist ein freudiger Tag. Deshalb die Buchhändlerkrawatte. Und Bücher auch deshalb, weil man auch als 2. Bürgermeister Hirn braucht.

Wofür brauchten Sie heute schon Hirn?
Ich habe vor allem viel unterzeichnet, viele Unterlagen zur Kenntnis genommen. Ich habe ein Telefonat geführt, bei dem Diplomatie gefragt war, und beispielsweise Aufträge unterzeichnet − unter anderem über eine Summe von 1,3 Millionen Euro für die Tiefgarage am Geyersberg. Das liest man sich schon genau durch, bevor man seinen Namen drunter setzt...

Wann war denn heute Dienstantritt?
Um 11 Uhr. Das haben wir so vereinbart. Bis dahin war die Post da, alles ist sortiert und liegt auf meinem Schreibtisch.

Ihr Schreibtisch...wo sitzen wir eigentlich gerade?
Das ist das Büro der stellvertretenden Geschäftsleiterin, die heute frei hat. Gerade werden einige Büros im Rathaus saniert, darunter auch das von Olaf, wo ich sonst auch hätte sitzen dürfen. Mal sehen, wo ich dann künftig bei Vertretungen sitzen werde.

Ist denn schon bekannt, wie oft Sie Herrn Heinrich in diesem Jahr vertreten werden?
Nicht genau. Aber ich wünsche Olaf, dass er richtig Urlaub machen kann. Ich kann ihm nur anbieten: „Ich bin da.“ Für mich ist es einfach schön, wenn ich viele kleine Dinge wegarbeiten kann, um dem 1. Bürgermeister Freiraum zu bieten für wichtige Projekte.

Am Mittwoch war Ihr erster Arbeitstag im Rathaus. Insgesamt eine Woche werden Sie Herrn Heinrich vertreten. Gab es eine Vorbereitung dafür?
Ja, ich hatte mit Olaf und Carolina Obermüller, der stellvertretenden Geschäftsleiterin, eine Vorbesprechung, in der es darum ging, was für mich anfällt.

Fällt viel an?
Coronabedingt gibt es natürlich nicht so viele Termine. Aber unter anderem steht ein Auswärtstermin im Landkreis Straubing-Bogen an.

Gibt es dabei auch Themen, bei denen Sie erstmal blank sind?
Nein – da hat man dann ja immer die Abteilungsleiter im Haus, die man fragen kann. Ich habe in meinem Leben schon viele Firmen geleitet, das kommt mir hier natürlich auch zugute.

Wäre notfalls Herr Dr. Heinrich erreichbar?
Mein Ziel ist es, ihn nicht zu stören.

Sie sind unter den Politikern der Freigeist. Ein Bürgermeisteramt zurrt einen im Sattel fest. Läuft man da Gefahr, die Leichtigkeit zu verlieren?
Ich glaube nicht. Ich hatte schon viele Mitarbeiter und bin immer ein Teamchef gewesen. Was mich übrigens fasziniert hat an dem Amt: Dass man – auch mit 69 Jahren – Disziplin beweisen muss, wenn man hier morgens ankommt. Sich rasieren, zurechtmachen, vorbereiten. Man muss klar sein, Nein sagen können, authentisch sein und Niederlagen akzeptieren können.

...und ein bisschen Zeit mitbringen – Sie sind ja mittlerweile Rentner, wenn auch vielbeschäftigt als Verleger des Lichtland-Verlags.
Genau, offiziell bin ich Rentner. Und noch auf 450-Euro-Basis in der Buchhandlung Lang angestellt, die mittlerweile meine Frau mit ihrer Kollegin betreibt. Mit den 400 Euro Verdienst als 2. Bürgermeister werde ich jetzt auch noch steuerpflichtig.

...dafür sind Sie jetzt aber „Herr Bürgermeister“.
Stimmt. Allerdings: Manchmal kommen Menschen auf mich zu und sagen „Glückwunsch, Herr Bürgermeister.“ Das ist mir immer fast ein bisschen peinlich. Ich sag’ dann immer: „Ich bin Bürgerdiener.“

Das ewige Thema: Sie sind Grüner, sitzen aber für die CSU im Stadtrat. Sind Sie nun ein grüner oder ein schwarzer Bürgermeister?
Ich bin ein grüner Bürgermeister. Vor 25 Jahren habe ich schon einmal als grüner Bürgermeister kandidiert. Das wurde damals aber nichts. Ich bin am Fuß des Lusen geboren, bin mit Tieren aufgewachsen, war fast wöchentlich aufm Lusen oder am Tummelplatz. Die Natur ist für mich das Nonplusultra. Das ist eine Lebenseinstellung, keine politische Couleur.

Eine Woche ist natürlich etwas kurz. Aber dennoch: Bringt man in solchen Vertretungstagen auch seine eigene Handschrift, seinen eigenen Stil ein?
(Denkt lange nach.) Das hab’ ich mir noch nie durch den Kopf gehen lassen. Mein großer Vorteil ist: Ich brauch nix mehr werden. Ich bin total zufrieden – privat wie beruflich. Mein Stil ist: das Team. Ich bin im Rathaus mit allen per Du. Und zuhören. Nicht fordern, sondern machen. Nützlich sein. Ich möchte aushelfen. Mein Ziel ist, dass der Schreibtisch leer ist, wenn der Bürgermeister aus dem Urlaub zurück kommt.

Quelle: Passauer Neue Presse vom 29.05.2020

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