Kommt Lift-Projekt etwas ins Stocken?

Kreistags-Grüne beantragen Vertagung eines Beschlusses für 12,6-Millionen-Vorhaben am Montag

13.12.21 –

Kreistags-Grüne beantragen Vertagung eines Beschlusses für 12,6-Millionen-Vorhaben am Montag

Von Christian Karl, Redakteur

"Große Pläne für den Großen Almberg" – so betitelt war Anfang November ein PNP-Artikel, in dem von einem millionenschweren Modernisierungsprojekt im Wintersportzentrum Mitterfirmiansreut mit einer neuen 6er-Sesselbahn, effizienterer Beschneiungsanlage und einem Holzthemenweg, der Touristen im Sommer locken könnte, berichtet wurde. Das Vorhaben mit viel Förderpotenzial fand viel Gegenliebe im Gemeinderat Philippsreut und auch in der jüngsten Verbandsversammlung. Am Montag wird das Vorhaben auch im Kreistag vorgestellt, wo am Ende ein Förderantrag beschlossen werden soll. Im Vorfeld aber beantragt die Kreistagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen eine Vertagung des Beschlusses, übt an einigen Projektinhalten mit Blick auf wirtschaftliche Berechnungen und Umweltbelange massive Kritik und pocht vor allem auf ein umfassendes Konzept zur Sommernutzung des tourismusfördernden Vorhabens.

Nicht nur auf Wintertourismus schauen

Hintergrund: Am Almberglift in der Gemeinde Philippsreut sei, so die Grünen, geplant, den bestehenden Lift durch einen neuen, größeren 6er-Lift an anderer Stelle zu ersetzen, rund 10000 Quadratmeter Wald zu roden und den Speichersee für die Beschneiungsanlage um 10000 Kubikmeter zu vergrößern, um noch mehr Kunstschnee für die dann größere Piste herstellen zu können. Dieses Projekt soll dem Vernehmen nach 12,6 Millionen Euro kosten und sich auf 20 Jahre rentieren, da – so die Info der Kreistagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen – mit mehr Betriebstagen und 10000 zusätzlichen Touristen gerechnet wird.
Auf Nachfrage der Grünen erklärte der mit dem Vorhaben befasste Gutachter, dass er aufgrund von persönlichen Erfahrungen mit anderen Projekten davon ausgehe, dass sich die Schneesicherheit innerhalb der nächsten Jahre nicht verringern werde und der Klimawandel sich nicht negativ auf das Projekt auswirke. Allein aufgrund seines "Gefühls" gehe der Gutachter aber davon aus, dass es ab dem 13. Betriebsjahr zu einem "moderaten Abschmelzen" der Besucherzahlen kommen werde, da die Touristen mit zunehmender Erderwärmung den Gefallen am Wintersport verlieren werden, skizziert Grünen-Fraktionsvorsitzender Toni Schuberl. Ein konkretes Szenario, wie sich das Klima in den nächsten 20 Jahren im Bayerwald verändern werde, wurde nicht zugrunde gelegt.

 

Schuberl und seine Fraktionskollegen weisen darauf hin, dass es vom Landesamt für Umwelt eine aktuelle Veröffentlichung fürs Ostbayerische Hügelland gebe. Fazit: Die globale Erderwärmung in Bayern schlage hier doppelt zu Buche.

Der Bündnis 90/Die Grünen -Ortsverband Wolfsteiner Wald und die Kreistagsfraktion haben mehrere von Kritik getragene Anregungen zu dem Vorhaben, die wohl am Montag zur Sprache kommen. Es geht auch darum, bei dem bis zu 30 Prozent geförderten Projekt den Blick nicht allein auf den Wintertourismus zu richten, sondern verstärkt Vorteile für die Sommersaison zu suchen. "Unsere grundsätzliche Position zum Tourismus in unserer Region ist: Wir brauchen den Tourismus als wesentlichen Wirtschaftsfaktor, aber er muss umweltverträglich gestaltet sein!" heißt es im Positionspapier, das der PNP vorliegt.

"Mit Umsetzung des Seilbahn-Förderprojekts sollen unseren Informationen zufolge die Almbergbahn abgebaut und versetzt als 6-er-Sessellift neu aufgebaut werden. Dafür ist die Rodung von 10000 Quadratmeter n Wald notwendig", heißt es von Grünen-Seite. Durch die Flächenvergrößerung werde mehr Kunstschnee benötigt. Und dadurch müsse der Speichersee um 10000 Kubikmeter vergrößert werden. Auch dafür müsse Wald gerodet werden.
Kritisch sehen die Verfasser auch die Berechnungen der Wirtschaftlichkeit und der Auswirkungen des Klimawandels. "Es wurden weder Vergleichsdaten aus anderen deutschen Mittelgebirgen einbezogen, noch wurden aktuelle Modelle zum Klimawandel als Grundlage genutzt." Vielmehr basierten die Berechnungen der Wirtschaftlichkeit in Bezug auf den Klimawandel auf einem "Bauchgefühl", wonach sich die Investitionen von rund 12,6 Millionen Euro wohl auf 20 Jahre rentieren.

Nach dem "Bauchgefühl" des Gutachters solle es erst ab dem 13. Betriebsjahr ein "moderates" Abschmelzen der Besucherzahlen aufgrund von Klimaveränderungen geben. "Die angenommene Zeitlinie von 13 Jahren entbehrt jedweden wissenschaftlichen Betrachtungen. Vielmehr zeigt das Klimadiagramm beispielsweise des Bayerischen Landesamtes für Wasserwirtschaft eine deutliche Erwärmung seit 1971 und prognostiziert diese weiter bis in das Jahr 2050."

"Bauchgefühl" des Gutachters in der Kritik

Der dritte in dem Positionspapier eingeworfene Aspekt betrifft den touristischen Bereich und "eine Herstellung eines Ganzjahresangebotes" beim angedachten Modernisierungsvorhaben. Dabei handele es sich bis jetzt "offenbar lediglich um einen Wanderweg, der unseren Infos nach mit 200000 Euro zu Buche schlägt". Die "neue" Almbergbahn werde demzufolge "ausschließlich zur Winternutzung gebaut werden und nicht in die Sommernutzung einbezogen", so die folgende Grünen-Kritik. Kurz nach der ersten PNP-Berichterstattung über das Vorhaben haben in sozialen Medien etliche Einheimische Kommentare gepostet hatten, deren Tenor der Wunsch nach einer umfangreichen Sommernutzung war. Zitat: "Davon hätten alle was, die Bürger und die Touristen!"

 

Mit Blick auf all ihre Kritikpunkte beantragen die Grünen deshalb, "die Entscheidung im Kreistag zu vertagen bis ausreichende wirtschaftlich fundierte Gutachten zur Auswirkung des Klimawandels auf den Wintersport im Bayerischen Wald vorliegen". Und zudem solle – zweitens – "die Ausarbeitung eines umfassenden Konzepts zur Sommernutzung erfolgen, um zu prüfen, ob die gewünschte Erhöhung der Gästezahlen alternativ auch auf diesem Weg erreicht werden könnte".

 

Quelle: Passauer Neue Presse vom 10.12.2021

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