Pressemitteilung

Grüne diskutieren Alltagsrassismus

12.01.24 –

Pressemitteilung zum Themenabend „Flucht.Migration.Rassismus.“ des KV Freyung-Grafenau mit MdB Marlene Schönberger

Betroffene waren zum Gespräch eingeladen

(Röhrnbach) „Ein Schwein, das im Kuhstall geboren wird, ist trotzdem ein Schwein!“ Mit abwertenden Kommentaren wie diesem werden immer noch viele Deutsche mit Migrationshintergrund regelmäßig konfrontiert. Ebenso herrscht eine immer stärker werdende, spürbare Ablehnung gegenüber Geflüchteten in der Gesellschaft vor. Eine Ablehnung, die überwiegend auf Vorurteilen basiert, transportiert über Floskeln, befeuert von verfälschter (sozialen) Medienberichterstattung, ohne eigenes reales Erleben des Aussprechenden.

Der Grüne Vorstandssprecher Alex Rohde dazu: „Anstatt über sollten wir mehr mit den Geflüchteten reden!“ Genau dazu hat der Kreisverband Freyung-Grafenau kürzlich in das Röhrnbacher Posthotel im Rahmen des Themenabends „Flucht.Migration.Rassisimus.“ gemeinsam mit der niederbayerischen grünen Bundestagsabgeordneten Marlene Schönberger eingeladen.

Schönberger reagierte oftmals sichtlich mitgenommen auf die Erzählungen und schlussfolgerte treffend: „Wir müssen den Kampf gegen rechtes Gedankengut auf allen Ebenen verstärken. Rassismus, wie von der in Teilen vom Verfassungsschutz beobachteten AfD verbreitet, ist nicht nur eine ständige, potentiell tödliche Bedrohung für Betroffene, sondern auch mit unserer liberalen Demokratie nicht vereinbar. In Berlin arbeiten wir gerade am Demokratiefördergesetz, das ermöglichen wird, diejenigen, die sich für unsere offene Gesellschaft einsetzen, langfristig zu fördern.“
Ebenso reisten die Sprecherin und der Sprecher der Parteiarbeitsgemeinschaft „Integration, Flucht, Migration“, Verena Machnik aus Starnberg und Dardan Kolić aus Dachau an. Die Arbeitsgemeinschaften fungieren quasi als ThinkTanks der Partei und leisten als Fachleute einen erheblichen Beitrag zur Arbeit der Landtagsabgeordneten.

Ein aus dem ehemaligen Jugoslawien Geflüchteter und ein weiterer deutscher mit Migrationshintergrund berichteten von ihren Stationen in den vergangenen Jahrzehnten, ihren Erfahrungen mit den deutschen Behörden bis zur Einbürgerung, sowie dem

andauernden Rassismus auch nach der Einbürgerung – unter anderem gegenüber ihren heutigen Familienangehörigen.

Schockierend waren zwar zunächst die Schilderungen über die Fluchtursachen und die Migrationsgeschichte an sich, jedoch übertrafen die vielen Beispiele, insbesondere zu erlebtem Behördenrassismus nach deren Einbürgerung, die anfänglichen Schreckmomente.

Der andauernd erlebte offene Rassismus, dem Betroffene nahezu täglich ausgesetzt sind, nimmt seit kurzer Zeit zu. Das Erstarken der AfD und die Verbreitung derer rechtsextremer und nationalistischer Einstellung bedeutet scheinbar für viele, dass das öffentliche Zur-Schau-Stellen rechter Symbolik und die Äußerungen rechten Gedankengutes mittlerweile gesellschaftsfähig geworden ist. Einer der Betroffenen stellte die Frage in den Raum „Was wäre denn gewesen, wenn kürzlich nicht die Bauern, sondern Beschäftigte mit Migrationshintergrund gestreikt hätten? Wenn die Kellner in Restaurants, Pflegerinnen im Gesundheitswesen, die Verkäuferin beim Metzger, der LKW-Fahrer, der Müllmann, die Ärztin im Krankenhaus, wenn die für eine Woche gestreikt hätten?“ In der Tat lag nach Angaben des Statistischen Bundesamtes der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung im Jahr 2020 bei 26,7 Prozent.

Der Landtagsabgeordnete der Landkreis-Grünen Toni Schuberl kennt die Problematik: „Die Abgeordneten der AfD Atzinger und Stadler treten regelmäßig mit rechten Parolen in der Öffentlichkeit und im Landtag auf. Diese Hetze überträgt sich leider auf viele Lebensbereiche – damit muss endlich Schluss sein!“

Die Beteiligten waren sich einig: Rassistischer Diffamierung und Diskriminierung müssen wir entschlossen entgegentreten. Jedweden rechten Tendenzen ist eine Absage zu erteilen – nicht nur von den Betroffenen selbst, alle sollten ihre Stimme gegen jede Form von Rassismus erheben. Opfer von Diskriminierung sollten sich der Antidiskriminierungsstelle des Bundes anvertrauen (siehe Faktenbox 1).

Faktenbox 1: Antidiskriminierungsbeauftragte*r der Bundesregierung

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes arbeitet auf Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG).

Mit dem AGG trat in Deutschland im Jahr 2006 ein Gesetz inkraft, das den Schutz vor Diskriminierung aus rassistischen Gründen oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität im Bereich des Arbeitslebens und in Teilen des Zivilrechts regelt.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes unterstützt und berät vor diesem rechtlichen Hintergrund Personen, die Benachteiligungen erfahren haben.

Dabei kann sie insbesondere über Ansprüche nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz informieren, Möglichkeiten des rechtlichen Vorgehens im Rahmen gesetzlicher Regelungen zum Schutz vor Benachteiligungen aufzeigen, Beratungen durch andere Stellen vermitteln und eine gütliche Einigung zwischen den Beteiligten anstreben.

Soweit Beauftragte des Deutschen Bundestages oder der Bundesregierung zuständig sind, werden die Anliegen ratsuchender Personen mit deren Einverständnis unverzüglich an die Beauftragten weitergeleitet.

Auf der Homepage antidiskriminierungsstelle.de gibt es umfangreiche Informationen zum Thema, unter anderem auch Materialien für Ratsuchende oder den Diskriminierungs-Check.

Im Juli 2022 hat der Deutsche Bundestag Ferda Ataman zur Unabhängigen Beauftragten für Antidiskriminierung gewählt und damit den Vorschlag der Bundesregierung für das neu geschaffene Amt angenommen. Sie ist zugleich Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.

Quelle: www.antidiskriminierungsstelle.de

 

Faktenbox 2: Geschichtlicher Hintergrund der deutschen / europäischen Asylpolitik

Asyl verweist auf einen Schutzstatus für solche Migrantinnen und Migranten, deren räumliche Bewegung vom aufnehmenden Staat als alternativlos wegen einer Nötigung zur Abwanderung aus politischen, ethnonationalen, rassistischen oder religiösen Gründen anerkannt wird. Die Geschichte des Asyls ist lang und reicht bis in das Altertum zurück. Das moderne Asylrecht entstand im Zusammenhang mit der Etablierung der europäischen Nationalstaaten im 19. Jahrhundert, die immer wieder von Flucht und Verfolgung aus politischen Gründen begleitet war. Einige Zehntausend Menschen, die bewusst den Kampf gegen das herrschende politische System ihres Herkunftsstaates aufgenommen hatten, ergriffen meist vor der Verfolgung nationaler, demokratischer, liberaler oder sozialistischer Bewegungen die Flucht. Fluchtbewegungen nahmen im 19. Jahrhundert im grenzüberschreitenden Wanderungsgeschehen nur vergleichsweise geringe Dimensionen ein. Das änderte sich mit dem Ersten Weltkrieg. Nun gewannen politisch bedingte räumliche Bewegungen erheblich an Gewicht. Massenabwanderungen begleiteten vor allem den russischen Bürgerkrieg 1918–1922 sowie die Staatenbildungen der Nachkriegszeit in Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa. Sie zielten in erster Linie auf West- und Mitteleuropa. Die Erfahrung der nationalsozialistischen Diktatur, des Zweiten Weltkriegs und der mit ihm verbundenen Flüchtlingsbewegungen hatten die Notwendigkeit neuer Regelungen verdeutlicht. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen von 1948 schrieb erstmals ein individuelles Asylrecht fest. Artikel 14, Absatz 1 lautet: "Jeder Mensch hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgungen Asyl zu suchen und zu genießen." Nur selten allerdings wurde diese Formel in nationales Recht überführt. Eine Ausnahme bildete die Bundesrepublik Deutschland. Der 1948/49 geschaffene Artikel 16, Absatz 2, Satz 2 des Grundgesetzes bot mit der Formulierung "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht" ein im internationalen Vergleich weitreichendes Grundrecht auf dauerhaften Schutz: Darauf habe jeder politisch Verfolgte, der nach Westdeutschland komme, ohne Einschränkungen einen verfassungsrechtlich einklagbaren Anspruch.

 

Das in den Diskussionen des Parlamentarischen Rates 1948/49 entwickelte Asylgrundrecht bildete eine Reaktion auf die Vertreibungen aus dem "Dritten Reich" und markierte damit eine symbolische Distanzierung von der nationalsozialistischen Vergangenheit. Darüber hinaus demonstrierte es gegenüber den drei westlichen Besatzungsmächten die Anerkennung der nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem bei der Gründung der Vereinten Nationen festgeschriebenen menschenrechtlichen Regelungen. Noch stärker bestimmend aber war ein weiterer Aspekt: Die Mitglieder des Parlamentarischen Rates gingen davon aus, dass der größte Teil derjenigen, die das Asylrecht im Westen in Anspruch nehmen könnten, aus der Sowjetischen Besatzungszone käme. Jede Präzisierung des Asylartikels aber müsse zu unerwünschten Beschränkungen der Möglichkeit ihrer Aufnahme führen. Die Konkurrenz der politischen Systeme in Ost und West im Kontext des "Kalten Krieges" und die bevorstehende Teilung Deutschlands bildeten mithin wesentliche Perspektiven für die Formulierung eines Grundrechts auf Asyl.

Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung [Auszug aus CC BY-NC-ND 3.0 DE, Autor: Jochen Oltmer)

 

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