Klimawandel vor Ort: 1,8 Grad mehr in Waldhäuser

Messungen im Nationalpark zeigen Jahresmittel-Anstieg seit 1972 − Energieberater sieht Hybridheizungen für die Region als sinnvoll an

06.07.23 –

Waldkirchen. Über die messbaren Auswirkungen der Erderwärmung „vor unserer Haustüre“ wurde bei einer Veranstaltung des Ortsverbands Waldkirchen von Bündnis 90/Die Grünen informiert.

Sprecherin Andrea Parzefall hatte für den Vortrag im Kunstraum Waldkirchen Burkhard Beudert, Geoökologe und Verantwortlicher für das Umweltmonitoring im Nationalpark Bayerischer Wald, und Energieberater Heinrich Schuster gewinnen könnten, wie es in einer Pressemitteilung des Ortsverbands heißt. Unter den Interessierten waren auch die Passauer Kreisrätin Jutta Koller aus Hauzenberg sowie Stadt- und Kreisrätin Uli Bogner. Die Initiative zu dieser Veranstaltung kam von Hans Madl-Deinhart, der auch die beiden Referenten kurz vorstellte.

Burkhard Beudert merkte in seinem Vortrag an, dass die realen Messergebnisse immer mehr von den Menschen beobachtet und selbst empfunden werden können. „Wir sind weit davon entfernt, die Erwärmung auf +1,5° der Jahresdurchschnittstemperatur zu begrenzen“, so Beudert. Die gemessenen Zahlen würden immer mehr auf ein „Worst-Case-Szenario“ zulaufen. In Waldhäuser etwa sei bereits eine Erwärmung von mehr als 1,8 Grad im Jahresmittel seit 1972 gemessen worden. Die Niederschläge verändern sich den Angaben zufolge im Bayerischen Wald vor allem im Winterhalbjahr. Weniger Niederschläge und höhere Temperaturen im Winter (auch Erwärmung um 1.8 Grad seit 1972) bedeuten laut Beudert weniger Schnee. Höhere Temperaturen im Sommer verstärkten in vielen Regionen der Erde die Trockenheit, über den Meeren und in feuchten Regionen der Erde dagegen die Verdunstung und die Feuchte der Atmosphäre, dies führe weltweit zu mehr und heftigeren Niederschlägen. Der Bayerische Wald sei bisher glücklicherweise weder von Dürre noch von Sintfluten betroffen. „Mit 50 Jahren Messung in Waldhäuser reden wir auch nicht mehr von Witterungsereignissen, sondern von Klimaänderung“, so Beudert.

Heinrich Schuster referierte über den Stand des Gebäudeenergie-Gesetzes und ging einleitend schon mit der landläufigen Menung zu Gericht, dass Deutschland nur ein kleines Rädchen im Weltgetriebe sei. „Wir sind an siebter Stelle der weltweiten CO2-Emittenten und landen, heruntergebrochen auf die Einwohnerzahl, noch weiter vorne.“ Schuster sah den Angaben zufolge keine Veranlassung, mit dem Finger auf China zu zeigen.

Bezüglich des umstrittenen „Gebäude-Energiegesetzes“ wies Schuster darauf hin, dass die Unterscheidung zur landläufigen Bezeichnung „Heizungsgesetz“ wichtig sei, weil die Heizung nur einen Teil des Energieverbrauches darstellt.

Ohne Dämmung sind nach Ansicht des Energieberaters alle Überlegungen zur Heizung ineffizient. Schuster berichtete aus seiner Erfahrung und sprach von Keller- und Geschossdecken ohne jegliche effektive Dämmwirkung.
„Ohne vernünftige Standards schmeißen die Menschen das Geld im wahrsten Sinne des Wortes zum Fenster hinaus“, so Schuster. Ein „weiter so“ werde mit und ohne dieses Gesetz teuer.

Besonders gelte das für viele Gebäude aus den 60er und 70er Jahren die mit dem Hintergrund von 7 Pfennig pro Liter Heizöl gebaut worden seien. Einen reinen Bezug auf Wärmepumpen erteilte Schuster eine Absage. „Diese Technologie ist zwar ausgereift, kann aber nicht überall eingesetzt werden. Für unsere Region sehe ich Hybridheizungen, in denen verschiedene Systeme kombiniert werden, als empfehlenswert an“, so der Referent. Ein Vergleich der verschiedenen Feinstaubemissionen von neuwertigen Holzheizungen rundete das Bild ab. Der Referent brachte damit auch zum Ausdruck, dass er für Biomasse-Heizungen in der Region einen angemessenen Platz einräumen würde. Eine kommerzielle Nutzung der Biomasse sah er hingegen kritisch und bezog sich vor allem auf eine große Anlage in England mit Holzpellets zur Stromgewinnung. „Unsere Energieprobleme können wir nicht nur durch Holz lösen. Hierfür reicht unser Wald nicht.“

Für Jutta Koller, die für die Grünen als Kandidatin bei der Landtagswahl antritt, habe Beudert deutlich gemacht, „dass wir jetzt und nicht irgendwann handeln müssen“. Die Aussagen von Schuster hätten deutlich gemacht, wie wichtig der Beschluss des „Gebäude-Energiegesetzes“ sei. „Wir müssen je nach Möglichkeiten individuelle Lösungen suchen. Eine dieser Lösungen wurde im GEG verankert, es gibt nämlich weiterhin die Möglichkeit, mit Holz zu heizen.“

Ortsverbands-Sprecherin Andrea Parzefall merkte abschließend an: „Es wären noch Plätze frei gewesen für Leute, die Ihr Wissen erweitern wollen. Informieren statt lamentieren!“

 

Quelle: Passauer Neue Presse vom 03.07.2023

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